Navigation ausblenden

Zur Kultur der Empörung. Gespräch mit Peter Schneider

«Diese Spirale wird nicht nur von den Bürgern gedreht»

Interview: Peter Schneider und Moritz Leuenberger sehen in der ständigen Empörung eine Gefahr für die Demokratie. Der Wutbürger habe in unserem System eigentlich gar keinen Platz.

leuenberger schneider

Peter Schneider und Moritz Leuenberger diskutieren über echte Moral, das Volk als Dativ­objekt und Twitter. Fotos: Dominique Meienberg

Was auf der Welt auch geschieht – irgendjemand wird sich darüber empören. Sofort. Und laut. Wie halten wir da noch mit? Wie unterscheiden wir nötige von unnötiger Betroffenheit? Und was bedeutet der ständige Erregungszustand für unsere Demokratie? Ein Gespräch über echte Moral, das Volk als Dativ­objekt und: Twitter.

Herr Leuenberger, wann haben Sie sich zum letzten Mal über einen Text von Peter Schneider genervt?
Moritz Leuenberger: Noch gar nie! Ich habe kürzlich im Radio einen Text von ihm erwähnt, der mich besonders angesprochen hat. Um nicht als undifferenzierter Fan dazustehen, habe ich betont, ich sei nicht mit allem einverstanden. Aber genervt? Davon kann keine Rede sein. Die Auseinandersetzung mit einem Autor wird erst spannend, wenn man die Dinge anders sieht. Ist man sich immer einig, wäre das wenig bereichernd. Da könnte ich mich auch gleich selber lesen . . .

Im angesprochenen Text ging es um die Wut, die der Kesb nach dem Kindsmord entgegenschlug.
Leuenberger: Die Empörung war mir unverständlich. Die Kolumne hat mich wohl auch angesprochen, weil ich im Ansatz beim Mord am Zollikerberg und bei den Südanflügen Ähnliches erlebt hatte: Den Versuch, die Schuld an einem Unglück auf politische Behörden zu wälzen. Politische Repräsentanten werden für den Lauf der Dinge verantwortlich gemacht. Sie werden zu Blitzableitern für alle Ereignisse, die gesellschaftspolitisch zu erklären sind.

Peter Schneider: Es gibt aber auch Fälle, bei denen das naheliegt. Nicht bei der Kesb – dort ist es absurd. Aber wenn der Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit es nicht hinbekommt, den neuen Flughafen zu bauen, dann trägt er dafür eine politische Verantwortung. Die hat nicht damit zu tun, dass er die Baupläne zu wenig studiert oder die Baustelle nicht jeden Tag kontrolliert hat. Aber die Verantwortung hat er trotzdem.

Leuenberger: In meiner Amtszeit habe ich immer wieder erlebt, wie ein Eisenbahnminister drei Monate im Amt war und nach einem Zugunglück zurücktreten musste. Wenn er fünfzehn Jahre dabei ist und die rostigen Schienen nie ersetzen liess – dann würde ich es verstehen. Wenn er aber als Symbol geopfert wird, dann ist das auch verantwortungslos. Es ist so einfach zu sagen: Ich übernehme die Verantwortung und trete zurück. Verantwortung würde ja darin bestehen, künftige Unglücke zu vermeiden. Der blosse Rücktritt ist reine Symbolik. Das ist zum Glück in der Schweiz nicht so häufig verbreitet.

Schneider: Gleichzeitig wird in der Schweiz oft das Fehlen einer Rücktrittskultur bedauert. Das hat mit einem seltsamen, monarchistisch verstandenen Republikanismus zu tun. Die Leute wollen einen König köpfen, der gar nicht vorhanden ist.

Sind damit die gestiegenen Moralansprüche an Politiker zu erklären?
Schneider: Das ist eine Spirale, die nicht nur von den Bürgern gedreht wird. Die ganze Politik wurde in den vergangenen Jahrzehnten moralisiert. Der Ursprung dieser Tendenz liegt schon in der bürgerlichen Revolution, die auch ein moralischer Triumph der anständigen Bürger über den sittenlosen Adel war. In jüngerer Zeit waren es die linken Protestbewegungen der 70er-Jahre und der Umweltschutzbewegung, die darauf bestanden, dass das Private politisch sei. Die moralische Schadenfreude ist aber nicht immer falsch: Wenn ein Politiker stets die moralische Karte spielt und dann an seinen eigenen Ansprüchen scheitert, ist eine gewisse Häme durchaus angebracht.

Leuenberger: Man muss die Begriffe sezieren. «Moralisieren» hat wenig mit Moral zu tun. Moralisieren ist das spontane Schaffen neuer moralischer Normen gegen einen politischen Feind – und das hat zugenommen. Die Medien spielen im Empörungstheater ganz gerne mit. Sie erheben sich auf die Empore und kanzeln als Saubermänner die anderen herunter. Das ist eine bedenkliche Entwicklung. Moralische Ansprüche per se halte ich aber für berechtigt. Jeder Mensch sollte sich moralisch benehmen, auch die Politiker. Aber eben nicht moralischer als alle anderen. Wenn sich nach dreissig Jahren herausstellt, dass ein Amtsträger in seiner Dissertation nicht richtig zitiert hat und er darum zurücktreten muss, habe ich Mühe.

Schneider: Ihr Beispiel handelt von Annette Schavan, und die war halt Bildungsministerin in Deutschland.

Leuenberger: Aber nach dreissig Jahren? Im Strafrecht wäre das verjährt. Sie hatte ja inzwischen auch etwas geleistet. Oder dieser amerikanische General, der wegen eines Ehebruchs zurücktreten musste – das kann ich nicht nachvollziehen. Das Moralisieren der Öffentlichkeit habe ich auch selber erlebt. Als Umweltminister wurde ich von Journalisten zunehmend weniger zu Inhalten befragt . . .

Schneider: . . . sondern, ob Sie mit dem Velo gekommen sind.

Leuenberger: Ja, oder welches Auto ich fahre.

Schneider: Das ist eine Unsitte, die ich auch beobachte: Interviews mit Grünen und Linken beginnen immer mit der Frage, mit welchem Verkehrsmittel man unterwegs sei und ob man ein GA besitze. Das ist so was von egal!

Woher kommt all die Empörung?
Leuenberger: Wir teilen die Menschen eben gerne in gute und böse ein. Das wird auch für Einschaltquoten und Auflagen gerne genutzt. Ein Opfer ist ein beruflicher Erfolg. Wenn es zu einem Rücktritt kommt, prangt das Geweih des Gestürzten als Trophäe über dem Pult des Journalisten.

Schneider: Zum ersten Mal kam der Begriff des Wutbürgers bei den Demonstrationen gegen Stuttgart 21 auf. Da schossen die Bürger weit über eine sachpolitische Frage hinaus. Es war eine Feier der Selbstwirksamkeit, und die hängt mit dem medialen Loop zusammen: Wir machen etwas, wir werden beachtet und machen darum weiter.

Leuenberger: Am Schluss zielt es immer auf die einzelne Person. Das Schlimmste ist die Wohnungsfrage. Solange der Wohnungsmarkt angespannt ist, kann ein Politiker gar nicht richtig wohnen. Ist er in einer Genossenschaftswohnung, wird er als Parasit beschimpft. Hat er eine Eigentumswohnung, ist er ein Superkapitalist. Damit Sie mich richtig verstehen: Ich bin kein Opfer. Und das Phänomen ist nicht auf Politiker beschränkt. Alle Exponenten einer Gesellschaft können unter Beschuss geraten.

Grosse Empörung, angeschossene Politiker – und doch findet ein Phänomen wie Pegida hier nicht statt. Warum?
Leuenberger: Der Wutbürger hat in der direkten Demokratie keinen Platz. Hier kann sich jeder zu jedem Sachgeschäft äussern und kann mitentscheiden. Dass das Wutbürgertum jetzt auch in der Schweiz geschürt wird, hat mit dem globalen Kommunikationsraum zu tun. Wir orientieren uns an der französischen Plebiszitkultur, sehen die Demonstrationen in Deutschland und ändern unser eigenes Verständnis als Citoyens – und damit das Verhältnis zwischen Bürger und Staat. Auch bei uns werden heute Volksinitiativen populistisch formuliert, damit die Wut gegen eine vermeintliche «Classe politique» demonstriert werden kann. Dabei hat das in unserem System eigentlich gar keinen Platz.

Schneider: Darin sehe ich die grösste Gefahr für die Schweiz. Eine Wutbürgerbewegung wie Pegida verpufft relativ schnell, selbst in Deutschland. Dass solche Strömungen durch die direkte Demokratie in der Schweiz verhindert werden, ist der positive Aspekt. Gleichzeitig fliessen Elemente davon in unser System. Der Sündenfall war die Minarett­initiative, eine Vorlage ohne jeden sachlichen Gehalt oder plausiblen Anlass. Eine karnevalistische Feier einer absurden Souveränität.

Leuenberger: Mit der Initiative wurde ein Glaubensbekenntnis formuliert, und das führte dazu, dass selbst linke Frauen für das Minarettverbot stimmten, weil die Frauen im Islam unterdrückt werden. Und das hat mit Minaretten in der Schweiz nicht das Geringste zu tun.

Was bedeutet es für das System, wenn immer mehr solche Initiativen an die Urne kommen?
Schneider: Werden es tatsächlich immer mehr? «Immer mehr» ist eine schwierige Formulierung, sie tönt danach, als blickten wir im Abstand von 500 Jahren auf die Gegenwart. Was allerdings nicht heisst, dass man heute dieser selbstzerstörerischen Willkür nicht etwas entgegensetzen sollte. Sehen Sie sich doch an, wie die Masseneinwanderungsinitiative dieses Land aufmischt. Seit einem Jahr reden wir über deren Umsetzung und verlieren aus dem Blick, wofür wir eine Lösung gesucht hatten.

Leuenberger: Während meiner Amtszeit habe ich die direkte Demokratie immer sehr gelobt. Heute merke ich: Ich habe sie idealisiert. Ich bin vom selbstverantwortlichen Citoyen ausgegangen, der den Staat gestalten will. Das war eine Überhöhung. Heute mache ich mir grosse Sorgen. Unsere direkte Demokratie leidet an gravierenden Mängeln. Es braucht endlich finanzielle Transparenz. Wer bezahlt eigentlich all diese Ini­tiativen und die Propaganda dafür?

Ist es nicht verständlich, dass die Menschen gerade in einer direkten Demokratie eine Abstimmung auch als Triebabfuhr verstehen?
Schneider: Ehrlich gesagt stelle ich mir unter Triebabfuhr etwas Lustigeres vor . . .

Leuenberger: (lacht laut)

Schneider: Wenn der Wutbürger tatsächlich einen abzureagierenden Trieb verspürt, dann soll er doch zu Hause einmal richtig fluchen. Der Akt des Abstimmens ist abstrakt, ich recke dabei ja nicht mein Schwert an der Landsgemeinde in die Höhe.

Leuenberger: Was aber stimmt: Oft sind es Frustrationen aus verschiedensten Gebieten, die sich zu einem bestimmten Entscheid an der Urne kumulieren. Um es «denen da oben» zu zeigen. Das ist widersinnig in unserer Demokratie. Die da oben sind wir alle.

Schneider: «Die da oben», wenn ich das nur schon höre. Der Begriff kommt wahnsinnig aufmüpfig daher, ist aber total unterwürfig. Nietzsche würde das die Sklavenmoral nennen. Der Frust der Menschen, die immer grollen.

Ist es nicht ein Grundproblem, dass die Eliten, Leute wie Sie, keinen Zugriff auf die breite Masse haben?
Schneider: Diese Erdung in der Masse wird völlig überschätzt. Die Leute, die fordern, die Politik müsse näher zum Volk, leben selber in einem sehr engen Zirkel. Nur weil ich im Turnverein bin, verstehe ich das Volk besser? Eher nicht. Jeder lebt in einer vergleichsweise kleinen Welt. Und die Medien wären dafür da, den Horizont dieser Welt zu erweitern. Und zwar, ohne immer nur Ressentiments zu bedienen.

Leuenberger: Die Begriffe «Elite» und «Masse» gehören nicht zu meinem Sprachgebrauch. Auch wenn jemand in einer Diskussion vom «Volk» spricht, horche ich auf. Gehört er selber denn zum Volk oder nicht? Gehören die Linken dazu? Es gibt ein Buch von Kurt Beck mit dem Titel «Näher bei den Menschen». Ich mag Kurt Beck als Freund, aber dieser Titel suggeriert ja, er sei ein Halbgott. Über dem Deutschen Bundestag steht geschrieben «Dem deutschen Volke». Das Volk, ein Dativobjekt. Über der Zürcher Uni steht immerhin: «Durch den Willen des Volkes».

Schneider: Es ist auch ein falscher Anspruch, wenn es nach einer Abstimmung heisst, die Eliten hätten versagt und die Sachlage dem Volk zu wenig erklärt. Sind wir denn in der Primarschule?

Gleichzeitig haben Sie vorhin von der Beschränkung der Demokratie gesprochen – ein Elitendiskurs.
Schneider: Quatsch. Solche Anpassungen müssen in der Öffentlichkeit diskutiert werden. Ihr Elitebegriff stimmt nur dann, wenn Sie alle dazuzählen, die heute noch Zeitung lesen.

Leuenberger: Es sind im Übrigen nicht nur Volksinitiativen, die unser staatspolitisches Denken verändern. Es sind die neuen kommunikativen Instrumente, Dinge wie Facebook oder Twitter, die zu einer Infantilisierung führen, den Raum für reflektierte Äusserungen nehmen und dem Grundgedanken unserer direkten Demokratie widersprechen. Was Bundesrätin Doris Leuthard als Reaktion auf die Anschläge auf «Charlie Hebdo» schrieb, war gar nicht so dumm. Satire dürfe nicht alles, hat sie geschrieben und danach das Attentat verurteilt. Das führte zu einem fürchterlichen Aufschrei. Dabei war nur der Zeitpunkt falsch – und dass sie es auf Twitter gemacht hat. Was soll ein Bundesrat auf Twitter? Twitter verhindert Differenziertheit. Was kann man schon in 24 Buchstaben sagen?

Schneider: Es sind 140.

Leuenberger: Das ist auch wenig. Zu wenig!

Teilen Sie diese kulturpessimistische Haltung, Herr Schneider?
Leuenberger: Ist das tatsächlich kulturpessimistisch? Das möchte ich gar nicht sein!

Schneider: Ich bin kein Kulturpessimist. Aber auch ich bin ein Kritiker davon, soziale Medien zu stark für die politische Arbeit einzusetzen. Doris Leuthards Twitter-Nachricht ist ein gutes Beispiel. Warum sie auf die Idee kommt, in den ersten Stunden nach den Morden von Paris twittern zu müssen, ist mir schleierhaft. Das ist ähnlich absurd wie die Verurteilung von Terroranschlägen durch Regierungen. Stellen Sie sich mal die Abstimmung im Bundesrat vor: Wer ist für den Terroranschlag? Gegenstimmen? Damit verurteilen wir den Anschlag mit grossem Mehr. Diese hohlen Rituale sind nur noch komisch. Und dieses Getwittere halte ich für reichlich überflüssig.

Und Sie sind doch Kulturpessimisten. Dank den sozialen Medien ist es heute so einfach wie noch nie, sich als Bürger Gehör zu verschaffen.
Leuenberger: Vorher hatte der Stammtisch diese Funktion, der Marktplatz. Mich stört an diesen Kommunikationsformen, wenn sie nur dafür missbraucht werden, anonym die eigene Wut abzulassen. Das ist doch keine Kultur, also bin ich auch kein Kulturpessimist . . .

Schneider: Man kann etwas richtig schlecht finden, ohne den Vergleich zu früher zu ziehen. Nur weil ich Mühe mit dem Bologna-System habe, wünsche ich mir nicht die Ordinarien-Universität zurück. Früher war nicht alles besser. Kritik muss nicht nostalgisch sein. Und ich stehe jetzt auch nicht hin und verkünde, Twitter würde das Gehirn schmelzen, das Rückgrat verflüssigen, und nur noch Onanieren sei schlimmer.

Gewisse Empörung ist berechtigt, andere geht zu weit: Wie spürt man die kritische Grenze?
Schneider: Das merkt man immer erst nachher.

Leuenberger: Man muss nicht immer mitschunkeln. Ich habe keinen «Je suis Charlie»-Knopf getragen und war trotzdem betroffen. Es gab nach dem Attentat Bilder von sauglatt angemalten Demonstranten, die sich als Charlie anschrieben. Es sah aus wie an der Street-Parade. Das Gedenken wurde zu einem Klamauk, der so den schrecklichen Hintergrund verharmloste. Abgesehen davon spüre ich einen inneren Widerwillen vor solchen Wellen. Wenn in einem Konzert die Leute auf den Bänken stehen und im Rhythmus klatschen, kann ich da nicht mitmachen. Ich kann einfach nicht.

Schneider: Mir geht es da gleich. Schon wenn ich in politischen oder gesellschaftlichen Fragen mit mir selber allzu sehr einig bin, wird mir nach gewisser Zeit mulmig. Andererseits richtet man meistens auch keinen grossen Schaden an, wenn man eine falsche Begeisterung oder Betroffenheit erst im Nachhinein feststellt. Die einverständige Gemütlichkeit einer Gruppe braucht man manchmal. Und manchmal schämt man sich halt nachträglich ein bisschen dafür.

Leuenberger: Ja, nicht jedes Schunkeln ist faschistoid.

Schneider: Gross zu theoretisieren braucht man da nicht. Gerade «Charlie Hebdo» hat gezeigt, wie schnell eine allgemeine Betroffenheit wieder in alte Fronten fällt.

Dass wir uns über Betroffenheit unterhalten, hat auch mit der Beschaffenheit der Welt zu tun. IS, Flüchtlingsdrama im Mittelmeer, Krieg in der Ukraine, Ebola – wir leben in dunklen Zeiten. War es je so schlimm?
Schneider: Ja! Viel schlimmer!

Leuenberger: Viele tendieren dazu, die eigene Zeit für die schlimmste zu halten.

Schneider: Das zeugt von einem historischen Bewusstsein von knapp zehn Tagen. Wie kann man die Jugend von heute zur schlechtesten aller Zeiten erklären und die Hitlerjugend nicht mehr parat haben? Es macht auch blöd, wenn man beginnt, solche Zusammenhänge von der schlechten Welt zu konstruieren. Der IS hat nichts mit den Flüchtlingen im Mittelmeer zu tun, der Krieg in der Ukraine nichts mit Ebola. Der allgemeine Verschlimmerungszusammenhang führt notgedrungen in Verschwörungstheorien, weil man rational nicht erklären kann, was der Terror des IS mit der Eurokrise zu tun hat. Das kann man nur, wenn man die Freimaurer und die Bilderberger zur Erklärung herbeizieht.

Leuenberger: Das wäre dann kulturpessimistisch . . .

Ein Mittel, dunklen Zeiten etwas Helles abzugewinnen, ist die Ironie.
Leuenberger: Ironie und Satire sind notwendige Mittel, um sich politisch auszutauschen. Ich habe in meiner Zeit als Politiker viele schlechte Erfahrungen mit der Ironie gemacht. Denn zu guter Ironie gehört auch, dass sie das Gegenüber versteht, und das ist mir nicht immer gelungen. Womit ich Mühe hätte, ist, die Welt immer nur durch eine ironische oder satirische Brille zu betrachten. Sich über alles lustig zu machen und nichts mehr ernst zu nehmen, würde einem die Seele vergällen.

Schneider: So einer ist ein armes Schwein. Darum lege ich Wert darauf, eben nicht ausschliesslich Satire zu betreiben. Satire per se wird überschätzt. Ich mag beispielsweise die «Titanic» nicht abonnieren, weil ich die geballte Lustigkeit nicht ertragen würde.

Leuenberger: Genau das meine ich! Das ist wie das Humorfestival Arosa: Eine Woche lustig – das halte ich nicht aus. Da greife ich lieber zum «Tages-Anzeiger».

(Tages-Anzeiger)

(Erstellt: 02.03.2015, 23:28 Uhr)